Die Schützenumzüge der Bundesrepublik Deutschland erfüllen den Tatbestand der Volksverhetzung. Vollkommen würde- und stillos humpelt ein Haufen dickbäuchiger Rentner, willkürlich zusammengewürfelt, zum Klang träger Marschmusik über die abgesperrten Straßen – umringt von noch mehr Rentnern und mitgeschleppten Enkelkindern. Deutsche Perfektion und deutsches Ordnungswesen werden hier von ungepflegten Dreitagebartträgern in den Dreck gezogen und nahezu karikativ durch den freizeitlichen Jack-Wolfskin-Träger beschmutzt. Das mitgeführte Luftgewehr scheint zu sagen: Hier ist die Luft raus. Schneidig ist weder der Gang noch die Uniform; trist hängen die Ärmel schlaff dem Boden entgegen und werden durch die noch kraftloseren Schultern weiter hinuntergedrückt. In den Gesichtern kann man lachende Münder und freudige Augen sehen – Freude vor allem aufgrund des bevorstehenden Saufgelages. Entschlossen- oder Tollkühnheit, Stolz, Würde, Disziplin und erhabene Minen sind hingegen nicht zu vernehmen. Würde ein Wind aus vergangenen Zeiten durch die Reihen wehen, würde er die zerbrechlichen Gestalten hinfortfegen und sie für ihre ehrlose Darstellung deutschen Brauchtums bestrafen: Was maßen sich diese Lumpen nur an, Deutschland auf diese Art und Weise darzustellen? Eine höhere Bestimmung, ein höheres Ziel ist den Teilnehmern nicht inhärent und sie stellen genau den Menschenschlag dar, den man ausschließlich verachten kann: den Konservativen. Ohne stark vom Weg abzukommen, will ich kurz erläutern, weshalb der Konservative ein Relikt der Gegenwart ist. Um etwas konservieren zu können, muß es bereits existieren. Und das, was existiert, ist stets im Rahmen des Zeitgeistes befindlich. Um Visionen zu folgen, muß etwas geschaffen werden – etwas neues. Dafür muß der Rahmen überwunden und verlassen werden. Ein Akt, den der Konservative, der letztlich kläglich darin gefangen ist, niemals verstehen oder gar gutheißen kann. Der Konservative denkt stets im Zeitlichen, der Visionär hingegen hat das Überzeitliche im Blick – somit entzieht er sich auch der gegebenen Moral. Im Charakter der Schützenvereine spiegelt sich die Moral der BRD glänzend wider und vereinnahmt die Hauptsache-dabei-sein-Mentalität, die dem Ehrgeiz und Erfindergeist der deutschen Seele in jeder Faser widerspricht – jeder kann dabei sein, solange er beim Moraltheater mitspielt. Aber genug von Schützenvereinen – widmen wir uns lieber der Katholischen Kirche.
Live Action Role Playing
Kürzlich ist ein bekannter, ranghoher Politiker der CDU gestorben, der seine gesamte Amtszeit damit verbracht hat, Massenmigration zu lobpreisen, offene Grenzen zu fordern, Rassismus und Antisemitismus zu dämonisieren, Nationalismus abzulehnen und nebenbei noch Unterwerfung Afrikanern gegenüber zu praktizieren. Sein Lebenswerk besteht darin, alles, was rechter Weltanschauung entspricht, bekämpft zu haben und seine universalistische, globalistische Sichtweise den Menschen aufzuerlegen. Nach seinem Ableben beklagten und -trauerten unzählige deutsche Rechte seinen Tod und bezichtigten diejenigen der Pietätlosigkeit, die in ihm nur einen Feind des Volkes und moralischen Unterdrücker sahen – und dementsprechend sein Ende nicht rührte. Vielleicht ist ja gar kein CDU-Politiker gestorben, sondern Papst Franziskus? Wieso bricht der katholische Rechte eine Lanze für die weltanschauliche Gegnerschaft, solange sie das Amt des kirchlichen Oberhauptes ausübt? Dieser Wunsch der Zugehörigkeit entspringt demselben Kern wie der Geist der Schützenvereine: ein Glaube an Ordnung, an etwas Überzeitliches – Attribute, die rechter Weltanschauung entsprechen, und dennoch an der Realität der Tradition zerbrechen. In ihrer Wahrnehmung ist die Tradition ein unantastbarer Selbstläufer, dessen alleinige Existenz bereits Selbstlegitimation hervorruft. Die Hoffnung, eine heile Welt zu finden, wenn man sich der Tradition hingibt und sich ihrer verstaubten Ordnung unterwirft, trägt eine Schwere in sich, die dem Träger zum Anker wird und ihn gefangen hält. Oftmals resultiert daraus eine gewisse Komik, die wie ein sogenanntes LARPing anmutet – und während die Realität am Verfechter der Kirche vorüberzieht, steht er, gehüllt in ein kunterbuntes Kostüm, fest an Ort und Stelle. In nahezu kindlicher Sturheit wird mit einer Beharrlichkeit, die ihresgleichen sucht, der Wunsch nach Größe mit der Kleinwüchsigkeit des Glaubens vertauscht und die Wirklichkeit beiseitegedrängt. Ihr größter Traum: der nächste Papst mit Luftgewehr und Schützenuniform über dem Petersplatz in Rom.
Die katholische Kirche mag zwar lebendig sein, doch das, wofür katholische Rechte sie halten, ist tot. »Als Leichname gedachten sie zu leben, schwarz schlugen sie ihren Leichnam aus; auch aus ihren Reden rieche ich noch die üble Würze von Totenkammern.« Tief rauscht der Hall des Glaubens unter mir hinweg; dort, wo ich sitze, dort, wo ich nur Spott für ihn hege, hier oben ist die Luft noch klar.
Guter Text, nur kann ich mir schwer vorstellen, welcher genuin Rechte tatsächlich beim Tode Franziskus' getrauert haben soll. Vielleicht waren es doch nur die Konservativen.