Neulich wollte ich ein Netz festkochender Kartoffeln und drei grüne Kiwis kaufen. Ein Lebensmittelgeschäft befindet sich gleich um die Ecke, und um den Einkauf heimzutragen suchte ich in der Kommodenschublade nach einem passenden Beutel für den Transport. Kontrakultur. So steht es auf einem Beutel des Verlag Antaios, den man 2017 in Schnellroda kaufen konnte. Während ich mir also die schwarze Baumwolltragetasche in die Jacke stopfe und zum Supermarkt laufe, versuche ich ein paar Gedanken zum Thema Kultur zu sammeln und eine Kritik an der rechten Gegenkultur zu formulieren.
Vom Wandel und Wesen
Wenn von Kultur die Rede ist, dann liegen Emotionen in der Luft. Apologeten der afrikanischen Mülldeponien attestieren den Negern eine kulturelle Versiertheit, die im Überwürzen mangelhaften Fleischs und primitiver Tanzaufführungen begründet liegt. Hierzulande würde der selbsterklärte Verteidiger des Abendlandes die Kultur als bayerische Sauforgie und Pommesbudenfraß-Konsum beschreiben. Was einst die Ausdrucksform höheren Strebens darstellte, ist mittlerweile zu einer banalen Karikatur der willenlosen Masse verkommen. Ein universalistischer Fettbrand: Jeder kann Kultur; alles ist Kultur.
Was gibt Kultur seinen Wert? Wenn Kultur nur eine Umschreibung als Gegenspieler der Natur, d.h. alles vom Menschen Geschaffene sein soll, dann würde die Wertinflation das Minderwertige mit dem Wertvollen nivellieren und zu einem Betonklotz des Mittelmaßes aushärten. Formlos, ohne Gestaltung, ohne Willen und ohne Kraft zum Wachsen – sondern eine Verhärtung der Masse, die zum Bröckeln verdammt ist. Der Beton atmet nicht, er steigt nicht, sondern liegt dort in Stille und wartet darauf, zu vergehen. Um der Kultur also einen Wert zurechnen zu können, muß man sie eingrenzen und vor allem anhand ihrer lebensbejahenden Wirkung bemessen. Wenn wir das Wesen der Kultur nun auf die Ausübungen des Pöbels einschränken, kommen wir beim bereits benannten Brauchtums- und Konsumtheater raus. Grenzen wir Kultur auf die andere Seite des gesellschaftlichen Gefüges ein, landen wir hingegen bei der Schaffenskraft des Genies. Das Genie und die Kultur eint die gleiche Inhärenz: beide sind beseelt und bedingt durch eine Kraft, die weit oberhalb der Vorstellung der Allgemeinheit beginnt und noch weitaus höher strahlt, als eben jene auch nur zu spüren vermag. Kultur muß in weiter Höhe beginnen und zunehmend in die unendliche Ferne steigen – und sich nicht in der ergründ- und greifbaren Tiefe verfestigen. Wie das Genie dem Gemeinen, steht die Bewegung der Starre gegenüber. Es ist dementsprechend keine Überraschung, daß es zumindest einer gewisse Nähe zum Genius bedarf, um von dessen Schaffenskraft bewegt zu sein; was dem niederen Geschöpf verborgen bleibt. Bewegende Elemente der Kultur lassen sich auf fünf Kategorien verteilen: das Bild, die Idee, das Wort, den Klang, die Tat. Je höher eines dieser Elemente steigt, desto stärker bewegt es auch denjenigen, der die Kultur spüren kann. Nur wer davon mitgerissen werden kann, ist der Höhe der Kultur würdig und schenkt ihr den angemessenen Wert, den der Niedere nicht erkennen mag. Um zu bewegen, muß der Kulturschaffende immerzu über dem Kulturbewegten stehen, da er sonst im Dickicht der Erstarrung in die Irre geführt würde. Wenn das Genie des Wortes die Sprache des Pöbels annimmt, ertrinkt es im Sumpf, in den es hinabstieg; erkennt der Niedere Genialität in einer Idee, ist die Idee der Verachtung preisgegeben. Kultur benötigt Distanz, sonst distanziert sie sich von ihrer Genialität.
Die Schande
Ein großer Trugschluß innerhalb des rechten Vorfelds ist der Gedanke, man müsse eine Gegenkultur schaffen, um so die kulturelle Hegemonie erringen und die Linken nachhaltig schlagen zu können. Der Begriff der Gegenkultur ist dabei fehlleitend und deplatziert – er impliziert, daß die Linken eine Form von Kultur besäßen, die hegemonial sei. Dies würde bedeutend, daß sie den Ausdruck höheren Strebens okkupieren und über uns stünden. Fatalerweise erhebt man somit den Feind auf eine uns überlegene Position. Wie bereits geschrieben, zeichnet sich der Kulturbegriff nicht durch horizontale Ausbreitung nach links oder rechts, sondern durch vertikale Bewegung aus. Alles, was von Linken geschaffen wird, ist nicht nur häßlich, sondern vor allem langweilig und starr. Nichts davon bewegt einen höhergesinnten Menschen, sondern vertreibt ihn höchstens, voller Ekel, weit in die Ferne. Demzufolge ist die sogenannte Gegenkultur nichts anderes als die andere Seite eines zweischneidigen Schwertes, mit dem versucht wird, gegen den Betonblock der Minderwertigkeit zu schlagen, während man selbst zunehmend abstumpft.
Die zuvor beschriebene Distanz zwischen Genie und Kulturbewegtem, ist die fehlende Essenz der Kultur, die von Rechten versucht wird zu gestalten. Es muß nicht in jedem Bild oder Lied zum Ausdruck gebracht werden, daß man rechts ist und die Linken verachtet. Wenngleich das Musikduo »Deutsche Vita« vielleicht nicht das Höchste an Kultur darstellt, ist es doch überraschend erfrischend gewesen, Musik von Rechten zu hören, die sich nicht ständig mit der eigenen Blase beschäftigt. Ebenso »Herrengedeck« zu lesen, das einfach ein gutes Buch ist, ohne daß Zierke unentwegt versucht, den Leser hypnotisch auf ein neues Konzept der Metapolitik einzuschwören. Rechte sollten sich viel mehr zutrauen, als nur die eigenen Reihen zu bespaßen. Kulturelle Distanz ist vonnöten, wenn man erfolgreich damit sein will – personelle Distanz wiederum nicht. Sobald das Genie zum Vorschein kommt und seine Fähigkeit des kulturellen Höhenstrebens dem hohen Geiste emotional darbieten kann, rückt die Kultur in den Vordergrund und bewegt. Im Idealfall bewegt sie den Kulturbewegten geradewegs zu uns in die Höhe. Wir leben in einer Zeit, in der die Aufmerksamkeitsspanne gering ist und Emotionen über Gedanken siegen – eine perfekte Voraussetzung, um rechte Genies in Stellung zu bringen, die hohe Geister rhythmisch einfangen und sie emotional nach rechts tanzen lassen.
Deswegen plädiere ich dafür, weniger Gegen – und dafür mehr Kultur zu schaffen.
Bevor die Kartoffeln gewürfelt und gebraten werden, müssen Zwiebeln und Speck in der Pfanne geröstet und anschließend herausgenommen worden sein. Sobald die Kartoffelwürfel gebräunt sind, kommen Zwiebeln und Speck wieder dazu und das Ganze wird mit Pfeffer, Salz und Majoran gewürzt. Und hier kommt meine Geheimzutat: Ein Gemisch aus Olivenöl, mittelscharfem Senf und Petersilie.